Wohnung mit einer Gesamtfläche von 203 m2 (St. Petersburg) Oleg Shirinkin, Andrei Negodyaev Modellierung von St. Petersburg des 19. Jahrhunderts in einer Wohnung. Weiße Strahlkonstruktionen als Bild des Himmels
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Text: Lyudmila Likhacheva
Foto: Peter Lebedev
Architekt: Andrey Negodyaev, Oleg Shirinkin
Künstler: Ivan Bondarenko
Zeitschrift: H (54) 2001
Fjodor Dostojewski nannte Petersburg "die bewusstste Stadt der Erde". Die architektonische Idee dieser Wohnung ist die Modellierung einer "Stadt in einer Stadt", einer kleineren Projektion von St. Petersburg, die im Maßstab einer Wohnung erstellt wurde. Die Wohnung reproduziert akkurat die Physik und Metaphysik der nördlichen Hauptstadt - ein Raum, der das Drama der russischen Geschichte aufgesogen hat, das mit kulturellen Mythen, literarischen Erinnerungen ... Daher erweisen sich die strukturellen Beziehungen des Äußeren als auch des Inneren als reversibel: Im Inneren des Inneren erkennt man die Umrisse des Äußeren - des städtischen Straßenraums. Die Grundlage des "Petersburger" Konzepts in dieser Wohnung ist das Bild des Himmels. "Die Last eines Himmels im Norden", schrieb Osip Mandelstam. Es war, als ob die Architekten beschlossen hätten, dieses Klischee zu überwinden, indem sie die Decken so einfach wie möglich machten. Betrachtet man die noch nackten Tragkonstruktionen des Daches, verstanden der Kunde und die Architekten einst: Eine banale Flachdecke ist hier nicht nötig: Es ist schade, diesen Luxus zu verlieren - den hohen Luftraum. Natürlich nicht in allen Zimmern, sondern im Hauptteil der Wohnung. Also Stahlträger in massive weiße Kästen genäht. Es stellte sich nach Angaben der Autoren als "architektonisches Layout der Struktur" heraus. Es gab eine Art "zweiten Himmel" über dem Modell der Stadt. Die weissen Trägerkonstruktionen an der Decke rufen wiederum Assoziationen mit mystischen weißen Nächten hervor. Und doch - die betonte Nacktheit, die Installationsansicht der Decke korreliert mit dem urbanen Thema, das dem gesamten Innenraum gemein ist. Unter dem improvisierten "Himmel" - einer Miniaturstadt mit eigener Agora - einem Wohnzimmer, einer Küche, die in einer Art Haus mit "Schaufenstern" untergebracht ist, und einer "Straße": Sie besteht aus zwei Reihen massiver Schränke mit antikem Geschirr. Die Rotunde an der Kreuzung von Flur und Wohnzimmer spielt die gleiche Rolle wie die römischen Triumphal-Tetrapilons an der Kreuzung. Es erzeugt alle Zentrifugal- und Zentripetalkräfte, die innerhalb der "Politik" wirken. Hier in der Wohnung herrscht, wie in ihrem großen Prototyp, eine strenge klassische Ordnung, nur hier und da (die bunten Glasfenster der Küche oder die durchbrochenen Krümmungen des Kronleuchters) spürt man den Einfluss des Jugendstils. Türen und Portale sind bewusst niedrig wie die Bögen der St. Petersburger Innenhöfe. Der größere Kontrast entsteht beim Anblick einer kolossalen Kuppel über dem Esszimmer. Der Straßenraum wird in der Wohnung so überzeugend nachgebildet, dass die Absicht des Autors in diesem Sinne keinen Zweifel lässt. Die stilistische Dominanz der Wohnung ist natürlich eine Orientierung an dem klassischen russischen 19. Jahrhundert. Dekor, Interieur, Möbel sind ein reiches Zitatmaterial. Diese Richtlinien sind nicht zufällig, sondern stehen im Einklang mit der mutigen, sogar mutigen ersten Idee, die Geschichte und Ästhetik der Stadt selbst in einem Wohngebäude lebendig zu erfassen.